Donnerstag, 21. Oktober 2010

BAföG + Auto: Kraftfahrzeuge sind keine Haushaltsgegenstände

Anrechnung von Kraftfahrzeugen zum Vermögen eines Auszubildenden (Bundesverwaltungsgericht, 5 C 3/09, Urteil vom 30.06.2010)
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass Kraftfahrzeuge unabhängig von deren Größe oder sonstiger Beschaffenheit als Vermögen im Sinne von § 27 BAföG mit dem tatsächlichen Wert zu berücksichtigen sind.

Kontext der Entscheidung:
Früher haben die BAföG-Ämter alle Kraftfahrzeuge unabhängig von deren Größe und sonstiger Beschaffenheit als Haushaltsgegenstände angesehen, welche gemäß § 27 Abs. 2 Nr. 4 BAföG nicht zum Vermögen des Auszubildenden hinzugerechnet werden. Diese Vorgehensweise ist sogar in einer entsprechend lautenden Verwaltungsvorschrift VwV 27.2.5 ausdrücklich vorgesehen.
Die Verwaltungsgerichte sind nicht zur Anwendung der Verwaltungsvorschriften verpflichtet, da diese keinen Gesetzesrang haben.
Die BAföG Ämter sind seit 2007 mehrheitlich dazu übergegangen die Grundsätze der Sozialgerichte zur Vermögensanrechnung von Kraftfahrzeugen im Sozialhilferecht analog anzuwenden. Dies führte in der bisherigen Praxis dazu, dass Kraftfahrzeuge bis zu einem Wert von 7.500 Euro anrechnungsfrei bleiben (Bundessozialgericht, vom 6.9.2007, B 14/7b AS 66/06).

Das aktuelle Urteil des Bundesverwaltungsgerichts:
In seinem aktuellen Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht jetzt ausdrücklich die Freiheit der Anrechnung von Kraftfahrzeugen zum Vermögen verneint und dabei die Verwaltungsvorschrift 27.2.5 ausdrücklich außer Betracht gelassen. Ein Kraftfahrzeug bildet als bewegliche Sache in Höhe des durch seine Verwertung erzielbaren Erlöses einzusetzendes Vermögen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat darüber hinaus Bezug genommen auf eine Vorschrift im Sozialhilferecht, § 12 Abs. 3 Nr. 2 SGB II, wonach ein angemessenes Kraftfahrzeug gesondert und ausdrücklich von einer Vermögensverwertung ausgenommen wird. Dieser Umstand spreche aber nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts gerade gegen einen rechtsübergreifenden Grundsatz der Verwertungsfreiheit von Kraftfahrzeugen.
Damit wird gleichzeitig auch die bisherige verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung verworfen, die im Interesse eines einfachen Verwaltungsvollzuges eine Verwertung nur solcher Kraftfahrzeuge verlangt, die als Luxus- oder Wertanlagegegenstände (Oldtimer) einzustufen sind, den üblichen Wert wesentlich übersteigen, einen erheblichen Wert haben oder derer es zur angemessenen Lebensführung eines Auszubildenden nicht bedarf.

Fazit:
Aus den vorgenannten Gründen dürfte sich auch die bisher von den BAföG-Ämtern praktizierte entsprechende Anwendung des vom Bundessozialgerichts angenommenen anrechnungsfreien Grenzbetrages von 7.500 Euro für Kraftfahrzeuge von Empfängern von ALG 2 (bzw. Hartz IV) erledigt haben (BSG v. 6.9.2007, s.o.). Denn bei Auszubildenden steht im Unterschied zu arbeitssuchenden Empfängern von Grundsicherungsleistungen nicht die Notwendigkeit zur Integration in das Erwerbsleben im Mittelpunkt. Wie die BAföG-Ämter in Altfällen mit dieser Rechtsprechung umgehen werden, bleibt abzuwarten. Bei Neuanträgen wird es wohl zukünftig eines ausdrücklichen Hinweises zur Angabe von Kraftfahrzeugen bei der Erklärung zum Vermögen in Formblatt 1 bedürfen.

Dienstag, 19. Oktober 2010

Erstausbildung und weitere, zweite Ausbildung

Grundsätzlich wird nur die erste berufsqualifizierende Ausbildung gefördert werden. Der Anspruch auf Förderung einer einzigen den Fähigkeiten und Neigungen des Auszubildenden entsprechenden Ausbildung ergibt sich unmittelbar aus §§ 1, 7 BAföG. Der Förderungsanspruch ist danach auf eine einzige Ausbildung beschränkt, ganz gleich, ob diese erfolgreich beendet oder abgebrochen worden ist.

Der Förderungsanspruch ist somit verbraucht, sobald eine dem Grunde nach dem BAföG förderungsfähige Ausbildung beendet wurde.
Dies gilt auch dann, wenn die Ausbildung im Ausland abgeschlossen worden ist und dort zur Berufsausübung befähigt, aber nicht im Inland.
Die fehlende Anerkennung einer Auslandsausbildung im Inland und mithin die Unverwertbarkeit der im Ausland absolvierten Ausbildung auf dem deutschen Arbeitsmarkt führt grundsätzlich nicht zu einem Anspruch auf Förderung einer weiteren Ausbildung im Inland. Anderes gilt, wenn der Auszubildende nicht zwischen einer Ausbildung im Inland oder im Ausland entscheiden konnte, was regelmäßig auf Flüchtlinge, Vertriebene oder Asylberechtigte zutreffen wird. 

Für ausländische Ehegatten von Deutschen, welche vor der Eheschließung bereits eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung beendet haben, 
kommt allensfalls eine weitere Förderung nach der Härtevorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 2 BAföG in Betracht, wonach besondere Umstände vorliegen müssen.

Dienstag, 27. Juli 2010

Elternunabhängige Ausbildungsförderung und Vorausleistung



Elternunabhängige Förderung und Vorausleistung

Es ist allgemein bekannt, dass für die Ausbildungsförderung dem Grunde und der Höhe nach das Einkommen der Eltern maßgeblich ist. In Ausnahmefällen, welche das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) ausdrücklich vorsieht, werden Auszubildende ohne Berücksichtigung des Elterneinkommens gefördert. Das eigene Einkommen und das Einkommen des Ehegatten finden stets Berücksichtigung. Neben den in § 11 Abs. 2a und § 11 Abs. 3 BAföG geregelten Fällen der vom Elterneinkommen unabhängigen Förderung dient auch das in § 36 und § 37 BAföG geregelte Vorausleistungsverfahren als Anspruchsgrundlage für Ausbildungsförderung, bei welcher das Einkommen der Eltern außer Betracht bleibt.

Fälle des § 11 BAföG

Danach wird Einkommen der Eltern nicht berücksichtigt bei Auszubildenden, die vor dem Studium erwerbstätig waren und für den Lebensunterhalt selbst sorgen konnten. Elternunabhängiges BAföG gibt es auch für den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife auf dem zweiten Bildungsweg. Elternunabhängig gefördert wird auch, wer bei Beginn der Ausbildung über 30 Jahre alt ist. Dies gilt darüber hinaus auch für Vollwaisen und solche Auszubildende, bei denen der Aufenthaltsort der Eltern unbekannt ist. Wird mit der Ausbildung erst nach Vollendung des 30. Lebensjahres begonnen so müssen zusätzlich die Voraussetzungen nach § 10 Abs. 3 BAföG vorliegen, da Ausbildungsförderung grundsätzlich nur bis zum Alter von 30 Jahren gewährt wird. Bei vorheriger Erwerbstätigkeit ist zu beachten, dass diese 5 Jahre ausgeübt wurde bzw. 3 Jahre nach vorangegangener dreijähriger Berufsausbildung. Wer vor Erwerbstätigkeit bereits ein Studium angefangen und abgebrochen hatte, kann trotzdem elternunabhängig gefördert werden. Dabei ist zu beachten, dass das erste Studium nach höchstens drei Semestern abgebrochen wurde (§ 7 Abs. 3 BAföG) und das Ausbildungsziel dabei vollständig aufgegeben worden ist. In diesem Fall des „doppelten Perspektivwechsels“ stellt die Rückkehr zum Ausbildungsziel Hochschulabschluss den Beginn eines neuen Ausbildungsabschnitts dar.


Hilfe beim Antrag auf elternunabhängige Vorausleistung

Elternunabhängige Förderung über das Vorausleistungsverfahren

Vorausleistung ist zunächst dafür gedacht Auszubildende zu Unterstützen, wenn die Eltern deren Unterhaltspflicht für die Ausbildung nicht erfüllen. Dementsprechend findet ein Anspruchsübergang statt, d.h. der bürgerlich-rechtliche Unterhaltsanspruch des Auszubildenden gegenüber dessen Eltern geht auf das Bafögamt über (§ 37 BAföG). Der Anspruch kann logischerweise aber nur dann auf das Amt übergehen, wenn auch tatsächlich ein bürgerlich-rechtlicher Unterhaltsanspruch des Auszubildenden gegenüber dessen Eltern besteht. Dieser Anspruch auf Volljährigenunterhalt richtet sich nach § 1610 Abs. 2 BGB und der hierzu ergangenen umfangreichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Danach handelt es sich beim Ausbildungsweg „Abitur-Lehre-Studium“ regelmäßig um eine einheitliche Ausbildung, für welche die Eltern Unterhalt leisten müssen. In anderen Fällen, beispielsweise beim Ausbildungsweg „Realschule-Lehre-Fachoberschule-Fachhochschule“ liegt nach Ansicht des Bundesgerichtshofes eine einheitliche Ausbildung nur dann vor, wenn der Studienentschluss schon bei Beginn der Lehre vorhanden war und geäußert, zumindest aber erkennbar angestrebt wurde (BGH FamRZ 2006, 1100; Fam RZ 1995, 416). Anhaltspunkte, die für das Vorliegen einer einheitlichen Ausbildung sprechen können insbesondere sein, wenn die Ausbildung mit den Eltern gemeinsam geplant wurde oder den Eltern bekannt war und sie nicht widersprochen haben oder vor dem Studium eine praktische Ausbildung aufgenommen wurde, die mit dem anschließenden Studium in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang steht. Die Bafögämter klären die Frage, ob die Eltern bereits eine angemessene Vorausbildung finanziert und die bürgerlich-rechtliche Unterhaltspflicht erfüllt haben durch Vorlage eines Fragebogens an die Eltern. Dort wird danach gefragt, ob und inwieweit die Eltern auf den Studienentschluss Einfluss genommen haben und ob den Eltern bekannt war, dass eine weitere Ausbildung geplant ist oder aufgenommen werden soll. Kommt man zu dem Ergebnis, dass die Eltern die Unterhaltspflicht nach § 1610 Abs. 2 BGB bereits erfüllt haben durch die Finanzierung einer angemessenen Vorausbildung, kann das Bafögamt nicht mehr auf die Eltern zurückgreifen. Der Auszubildende erhält in diesem Fall faktisch elternunabhängige Ausbildungsförderung. Anderenfalls, also wenn noch ein bürgerlich-rechtlicher Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern besteht, wird das Bafögamt den Unterhalt beim Familiengericht geltend machen. 
Es ist allgemein bekannt, dass für die Ausbildungsförderung dem Grunde und der Höhe nach das Einkommen der Eltern maßgeblich ist.
In Ausnahmefällen, welche das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) ausdrücklich vorsieht, werden Auszubildende ohne Berücksichtigung des Elterneinkommens gefördert. Das eigene Einkommen und das Einkommen des Ehegatten finden stets Berücksichtigung.
Neben den in § 11 Abs. 2a und § 11 Abs. 3 BAföG geregelten Fällen der vom Elterneinkommen unabhängigen Förderung dient auch das in § 36 und § 37 BAföG geregelte Vorausleistungsverfahren als Anspruchsgrundlage für Ausbildungsförderung, bei welcher das Einkommen der Eltern außer Betracht bleibt.

Fälle des § 11 BAföG
Danach wird Einkommen der Eltern nicht berücksichtigt bei Auszubildenden, die vor dem Studium erwerbstätig waren und für den Lebensunterhalt selbst sorgen konnten. Elternunabhängiges BAföG gibt es auch für den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife auf dem zweiten Bildungsweg. Elternunabhängig gefördert wird auch, wer bei Beginn der Ausbildung über 30 Jahre alt ist. Dies gilt darüber hinaus auch für Vollwaisen und solche Auszubildende, bei denen der Aufenthaltsort der Eltern unbekannt ist. Wird mit der Ausbildung erst nach Vollendung des 30. Lebensjahres begonnen so müssen zusätzlich die Voraussetzungen nach § 10 Abs. 3 BAföG vorliegen, da Ausbildungsförderung grundsätzlich nur bis zum Alter von 30 Jahren gewährt wird. Bei vorheriger Erwerbstätigkeit ist zu beachten, dass diese 5 Jahre ausgeübt wurde bzw. 3 Jahre nach vorangegangener dreijähriger Berufsausbildung. Wer vor Erwerbstätigkeit bereits ein Studium angefangen und abgebrochen hatte, kann trotzdem elternunabhängig gefördert werden. Dabei ist zu beachten, dass das erste Studium nach höchstens drei Semestern abgebrochen wurde (§ 7 Abs. 3 BAföG) und das Ausbildungsziel dabei vollständig aufgegeben worden ist. In diesem Fall des „doppelten Perspektivwechsels“ stellt die Rückkehr zum Ausbildungsziel Hochschulabschluss den Beginn eines neuen Ausbildungsabschnitts dar.



Elternunabhängige Förderung über das Vorausleistungsverfahren
Vorausleistung ist zunächst dafür gedacht Auszubildende zu Unterstützen, wenn die Eltern deren Unterhaltspflicht für die Ausbildung nicht erfüllen. Dementsprechend findet ein Anspruchsübergang statt, d.h. der bürgerlich-rechtliche Unterhaltsanspruch des Auszubildenden gegenüber dessen Eltern geht auf das Bafögamt über (§ 37 BAföG). Der Anspruch kann logischerweise aber nur dann auf das Amt übergehen, wenn auch tatsächlich ein bürgerlich-rechtlicher Unterhaltsanspruch des Auszubildenden gegenüber dessen Eltern besteht. Dieser Anspruch auf Volljährigenunterhalt richtet sich nach § 1610 Abs. 2 BGB und der hierzu ergangenen umfangreichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Danach handelt es sich beim Ausbildungsweg „Abitur-Lehre-Studium“ regelmäßig um eine einheitliche Ausbildung, für welche die Eltern Unterhalt leisten müssen. In anderen Fällen, beispielsweise beim Ausbildungsweg „Realschule-Lehre-Fachoberschule-Fachhochschule“ liegt nach Ansicht des Bundesgerichtshofes eine einheitliche Ausbildung nur dann vor, wenn der Studienentschluss schon bei Beginn der Lehre vorhanden war und geäußert, zumindest aber erkennbar angestrebt wurde (BGH FamRZ 2006, 1100; Fam RZ 1995, 416). Anhaltspunkte, die für das Vorliegen einer einheitlichen Ausbildung sprechen können insbesondere sein, wenn die Ausbildung mit den Eltern gemeinsam geplant wurde oder den Eltern bekannt war und sie nicht widersprochen haben oder vor dem Studium eine praktische Ausbildung aufgenommen wurde, die mit dem anschließenden Studium in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang steht. Die Bafögämter klären die Frage, ob die Eltern bereits eine angemessene Vorausbildung finanziert und die bürgerlich-rechtliche Unterhaltspflicht erfüllt haben durch Vorlage eines Fragebogens an die Eltern. Dort wird danach gefragt, ob und inwieweit die Eltern auf den Studienentschluss Einfluss genommen haben und ob den Eltern bekannt war, dass eine weitere Ausbildung geplant ist oder aufgenommen werden soll. Kommt man zu dem Ergebnis, dass die Eltern die Unterhaltspflicht nach § 1610 Abs. 2 BGB bereits erfüllt haben durch die Finanzierung einer angemessenen Vorausbildung, kann das Bafögamt nicht mehr auf die Eltern zurückgreifen. Der Auszubildende erhält in diesem Fall faktisch elternunabhängige Ausbildungsförderung. Anderenfalls, also wenn noch ein bürgerlich-rechtlicher Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern besteht, wird das Bafögamt den Unterhalt beim Familiengericht geltend machen.

Freitag, 7. Mai 2010

BVerwG aktuell zu Treuhandvereinbarungen, Indizwirkung

Das Bundesverwaltungsgericht stellt in einer aktuellen Entscheidung klar, dass die fehlende Trennung des Treugutes vom eigenen Vermögen als "Indiz" für das Fehlen einer wirksamen Treuhandvereinbarung anzusehen sei.

Zwar schließe die fehlende Trennung von Treugut und eigenem Vermögen des Auszubildenden nicht zwingend einen zivilrechtlich wirksamen Treuhandvertrag aus, jedoch habe das Gericht bereits in einer früheren Entscheidung betont, dass die Separierung ein gewichtiges Indiz sei, bei dessen Nichtvorliegen im Regelfall davon auszugehen ist, dass eine verbindliche Treuhandvereinbarung tatsächlich nicht getroffen wurde (BVerwGE 132, 21 - 04.09.2008).

BVerwG 5 B 7.10 - 05.03.2010


Mittwoch, 14. April 2010

Vermögensanrechnung nach Datenabgleich - Verteidigungsstrategien


Nach einem Datenabgleich und dem darauf folgenden Anschreiben des BAföG-Amtes stehen Studierende vor der schwierigen Frage, ob überhaupt Angaben zum vorhandenen Vermögen gemacht werden sollten – und falls ja, welche? – oder ob es ausreicht keine Angaben zu machen und den in der Folge zwangsläufig erhobenen Rückzahlungsbetrag zu begleichen. Letzteres führt regelmäßig zu einem Strafverfahren, da die BAföG-Ämter dazu verpflichtet sind bei Betrugsverdacht Strafanzeige zu erstatten. Dabei liegt der Verdacht des BAföG-Betruges schon dann vor, wenn es zu einem – wenn auch vermeintlich noch so geringen – Rückzahlungsbetrag gekommen ist. Keine Angaben zu machen ist deshalb die schlechteste aller denkbaren Verteidigungsstrategien. Dabei lasse ich im Rahmen dieses Artikels die Alternative Selbstbezichtigung mit Schuldeingeständnis einmal außen vor, da es sich dabei nicht um eine Verteidigung im eigentlichen Sinn handelt. Dieser Weg führt aber geradewegs zu einer Rückforderung mit anschließendem Ermittlungsverfahren.
Im einzelnen gibt es folgende Taktiken zur Abwehr einer Rückforderung von geleisteter Ausbildungsförderung:
1. Einwand der fehlenden Kenntnis vom Vermögen
Hatte man keine Kenntnis vom Vorhandensein des Vermögens als BAföG-Antrag gestellt wurde, so liegt ein tatsächliches Verwertungshindernis vor. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein auf den Auszubildenden lautendes Sparbuch existiert, welches sich stets im Besitz der Großeltern befand. An die Darlegung der Umstände der Unkenntnis und deren Nachweis werden hohe Anforderungen gestellt, um Missbrauchsfälle auszuschließen. Zentraler Anknüpfungspunkt ist hier die Frage, wer den Freistellungsauftrag erteilt hat.
Daneben sieht das Gesetz in § 27 BAföG anrechnungsfreies Vermögen bei Vorliegen eines rechtlichen Verwertungshindernisses vor. Ferner kann zur Vermeidung unbilliger Härten ein weiterer Teil des Vermögens anrechnungsfrei bleiben, § 29 Abs. 3 BAföG.
2. Einwand einer verdeckten Treuhand
Bei Treuhandvermögen handelt es sich um solches, das zwar rechtlich dem Auszubildenden zugeordnet wird, ihm also gehört, er hierüber aber infolge einer mit dem Treugeber getroffenen Treuhandabrede nicht frei verfügen darf und welches zu einem vorher bestimmten Zeitpunkt zurückzubezahlen ist. Rechtlich ist das Vermögen des Auszubildenden daher mit dem Herausgabeanspruch des Treugebers belastet, sodass vom Vermögen diese Schuld in Abzug gebracht wird, § 28 Abs. 3 BAföG. Im Fall des Einwands einer verdeckten Treuhand werden erst recht hohe Anforderungen an die Glaubhaftmachung des tatsächlichen Bestehens gestellt. Dabei ist die konkrete Darlegung der getroffenen Treuhandabrede, der Trennung des Treugutes vom eigenen Vermögen sowie der fehlende eigene Zugriff auf das Treugut zur Glaubhaftmachung von zentraler Bedeutung.
Als Indiz für das Vorliegen einer Treuhandvereinbarung wird die Rückzahlung des Treuhandvermögens an den Treugeber angesehen, wenn die Rückzahlung bereits vor dem Aufforderungsschreiben des BAföG-Amtes zur Offenlegung der Vermögensverhältnisse erfolgte.
3. Einwand von Schulden aus (Eltern-)Darlehen
Schulden und Lasten sind von dem Vermögen des Auszubildenden abzuziehen, § 28 Abs. 3 BAföG. Hierzu zählen grundsätzlich auch Darlehensverbindlichkeiten. Die Schulden müssen zum Zeitpunkt der Antragstellung bestanden haben (Stichtagsprinzip). Als Verbindlichkeit kommt daher grundsätzlich auch eine solche aus einem Elterndarlehen oder sonstigem Verwandtendarlehen in Betracht. Um Missbrauchsfällen entgegenzuwirken legt die Rechtsprechung an die nachträgliche Glaubhaftmachung solcher Darlehen den Maßstab des so genannten Fremdvergleichs an. Danach soll für Darlehen, die unter Verwandten gewährt werden nichts anderes gelten als für Darlehensverträgen zwischen Dritten. Früher wurde als notwendige Voraussetzung hierfür das Vorliegen eines schriftlichen Darlehensvertrages angesehen. Hiervon ist die Rechtsprechung inzwischen abgekommen, da in der Realität Darlehensverträge unter Verwandten, insbesondere im Großeltern-/ Eltern-Kindverhältnis, in fast allen Fällen mündlich geschlossen werden. Das Schriftformerfordernis führte in der Praxis schließlich dazu, dass nachträglich fingierte schriftliche Verträge den BAföG-Ämtern und Gerichten vorgelegt wurden und Studenten sowie deren Eltern hierdurch Gefahr liefen, strafrechtlich belangt zu werden.
Nach wie vor stellt die Rechtsprechung strenge Anforderungen an die Glaubhaftmachung der konkreten (mündlichen) Darlehensabsprache. Dabei ist regelmäßig der Zeitpunkt der Abrede nachzuweisen ebenso wie die getroffene Abrede zur Darlehensrückzahlung, welche durch tatsächlich geleistete Zahlungen/ Raten nachweisbar ist. Zu beachten ist, dass Darlehensverbindlichkeiten nur insoweit vermögensmindernd berücksichtigt werden können als deren Rückzahlung innerhalb des Zeitraumes in dem Ausbildungsförderung bewilligt wird, fällig ist. Darlehen, die von den Eltern zu Ausbildungszwecken, mithin zur Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht gewährt werden, sind nicht zu berücksichtigen.
4. Einwand des Vermögensverbrauchs
Häufig wird ein BAföG Antrag zu Beginn des Wintersemesters im September/ Oktober eines Jahres gestellt. Der Wert des Vermögens liege bei Antragstellung zwar unterhalb des geltenden Freibetrages von derzeit 5.200 €. Der Datenabgleich fördert jedoch häufig noch erhebliche Kapitalerträge aus dem Kalenderjahr der Antragstellung zu Tage. Der Verbrauch des Vermögens bis zu sechs Monaten vor Antragstellung ist am besten beleghaft nachzuweisen. Hier kommt die Vorlage von Rechnungen, Quittungen und Überweisungen in Frage. Aber auch länger als ein halbes Jahr zurückliegende Ausgaben sollten glaubhaft gemacht bzw. nachgewiesen werden können, soweit die Aufnahme des Studiums bereits beabsichtigt war als der Vermögensverbrauch erfolgte. Dahinter steht der Rechtsgrundsatz, dass rechtsmissbräuchliche Vermögensverfügungen nicht zugunsten des Auszubildenden berücksichtigt werden, da sie gerade darauf gerichtet sind, die Bedürftigkeit herbeizuführen. Deshalb bleibt die Übertragung von Vermögen auf die Eltern oder Dritte ohne Gegenleistung stets unberücksichtigt. Erfolgt der Vermögensverbrauch zum Kauf eines PKW, muss darauf geachtet werden, dass der Auszubildende das Eigentum am Fahrzeug nachweisen kann, indem er als Käufer im Kaufvertrag auftritt und im Fahrzeugbrief eingetragen wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Fahrzeug von den Eltern erworben wird. Der Wert des Fahrzeugs bei Antragstellung sollte 7.500 € nicht übersteigen, da ein PKW nur bis dahin anrechnungsfrei bleibt.

Montag, 15. Februar 2010

BAföG jetzt auch für Deutsche mit Wohnsitz im Ausland

Das Verwaltungsgericht Münster hat durch Urteil vom 12. Januar 2010 entschieden, dass die Vorschrift des § 6 Satz 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG), wonach Deutschen mit ständigem Wohnsitz im Ausland Ausbildungsförderung für den Besuch einer dortigen Ausbildungsstätte nur dann geleistet werden kann, wenn die besonderen Umstände des Einzelfalles dies rechtfertigen, gegen europäisches Recht verstoße und deshalb nicht anzuwenden sei.

Der Kläger lebte seit 2000 mit seinen Eltern und Geschwistern in Frankreich. 2005 beantragte er beim hierfür zuständigen Landkreis Mainz-Bingen, ihm Ausbildungsförderung für ein Medizinstudium an einer Universität in Paris zu gewähren. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit der Begründung ab: Nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz sei es der gesetzliche Regelfall, Deutschen mit ständigem Wohnsitz im Ausland keine Ausbildungsförderung zu leisten. Die nach dem Gesetz erforderlichen besonderen Umstände für eine Ausnahme lägen im Fall des Klägers nicht vor.

Nunmehr entschied das Verwaltungsgericht Münster jedoch zu Gunsten des Klägers und sprach ihm einen Anspruch auf Ausbildungsförderung zu. In den Entscheidungsgründen des Urteils heißt es unter anderem:

Das Erfordernis besonderer Umstände des Einzelfalls nach § 6 Satz 1 BAföG greife in das durch den EG-Vertrag verliehene Recht jedes Unionsbürgers ein, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten. Denn der Kläger hätte, um Ausbildungsförderung für sein Studium in Frankreich erhalten zu können, von vornherein auf einen ständigen Wohnsitz im EG-Ausland verzichten oder seinen ständigen Wohnsitz von Frankreich nach Deutschland verlegen müssen. Ein derartiges Vorgehen wäre indes für ihn mit persönlichen Unannehmlichkeiten, zusätzlichen Kosten und etwaigen Verzögerungen verbunden. Daher sei das Erfordernis besonderer Umstände des Einzelfalls geeignet, Deutsche von vornherein davon abzuhalten, sich in einen anderen EG-Mitgliedstaat zu begeben und dort einen ständigen Wohnsitz zu begründen. Außerdem sei die Beschränkung geeignet, Deutsche mit ständigem Wohnsitz in einem anderen EG-Mitgliedstaat davon abzuhalten, sich dort weiterhin aufzuhalten. Dies sei gemeinschaftsrechtlich nicht gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs habe ein Mitgliedstaat im Rahmen seines Ausbildungsförderungssystems dafür Sorge zu tragen, dass die Modalitäten der Bewilligung dieser Förderung das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, nicht ungerechtfertigt beschränkten. Ein mit dem Erfordernis besonderer Umstände des Einzelfalls in verhältnismäßiger Weise verfolgter legitimer Zweck sei jedoch nicht ersichtlich. Die Beschränkung sei weder durch das Anliegen, die öffentlichen Haushalte nicht über Gebühr zu belasten, noch durch andere Zwecke gerechtfertigt.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.


(Quelle: Pressemitteilung Verwaltungsgericht Münster, Az.: 6 K 2465/08)

Mittwoch, 13. Januar 2010

BAföG für ein Masterstudium ohne vorherigen Bachelor Abschluss

Das Bundesverfassungsgericht legt in seiner Entscheidung § 7 Abs. 1a BAföG verfassungskonform aus, dass diese Vorschrift keine abschließende Regelung sei.
Der Grundsatz der freien Wahl des Ausbildungsganges nach Neigung, Eignung und Leistung und der Grundanspruch auf die Förderung einer Berufsausbildung im Vergleich zu anderen Studiengängen und im Vergleich zu Auszubildenden mit begüterten Eltern werde durch § 7 Abs. 1a BAföG nicht eingeschränkt.

BVerfG Beschluss vom 24.04.2009 - 1 BvR 818/09