Sonntag, 11. Mai 2014

Mit BAföG im Ausland studieren


Ein Studium außerhalb von Europa kann grundsätzlich nur im Rahmen einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von Hochschulen gefördert werden oder wenn der Auslandsaufenthalt nach einem im Inland begonnenen Studium erfolgt und auf die Ausbildungszeit angerechnet werden kann.

Ausnahmsweise kommt die Förderung eines vollständigen Auslandsstudiums außerhalb Europas nur für solche Personen in Frage, die ihren ständigen Wohnsitz im Ausland haben und dort oder in einem Nachbarland eine Ausbildung absolvieren möchten. Es handelt sich dabei aber um eine Sonderregelung; an das Vorliegen der besonderen Umstände werden daher strenge Anforderungen gestellt. Das bedeutet, dass ein Studium außerhalb Deutschlands oder Europas nur dann gefördert werden kann, wenn es dem Auszubildenden nicht zumzumuten wäre, ein Studium im Inland oder innerhalb der Europäischen Union oder der Schweiz aufzunehmen. Eine solche Unzumutbarkeit kann sich insbesondere aus einer Krankheit oder Behinderung des Auszubildenden oder seiner Eltern ergeben, einer Pflegebedürftigkeit, aber auch aus Gründen der Gleichwertigkeit der Ausbildung oder der wirtschaftlichen Situation der Eltern oder wenn es sich bei den Eltern um ins Ausland entsandte Diplomaten, Bundeswehrangehörige oder Auslandsmitarbeiter von inländischen Firmen handelt. Die Entscheidung, ob ein Studium im nichteuropäischen Ausland gefördert wird, liegt also im Ermessen des Bafögamtes.

Anders verhält es sich mit Studiengängen innerhalb der Europäischen Union und in der Schweiz. Aufgrund der innergemeinschaftlichen Freizügigkeit für Unionsbürger haben Deutsche und andere gemäß § 8 BAföG Berechtigte sogar einen gesetzlichen Anspruch auf die Förderung eines kompletten Studiums innerhalb der Europäischen Union oder in der Schweiz.
Voraussetzungen sind lediglich ausreichende Sprachkenntnisse und die Gleichwertigkeit der Ausbildungsstätte mit einer solchen im Inland.
Die Einschränkung, wonach Auszubildende zuvor den Wohnsitz für wenigstens drei Jahre im Inland begründet haben mussten wurde inzwischen vom Europäischen Gerichtshof in den Rechtssachen Prinz und Seeberger für ungültig erklärt. Die Beschränkung des § 6 BAföG auf die Aufnahme des Auslandsstudiums nur im Wohnsitzstaat oder im Nachbarland sei ebensowenig mit dem Unionsrecht zu vereinbaren, hat der Europäische Gerichtshof mit neuerem Urteil vom 24.10.2013 in der Rechtssache Thiele Meneses entschieden.
Das Recht der Europäischen Union verbiete diese zu weit gehenden und daher unverhältnismäßigen Einschränkungen der Freizügigkeit von Unionsbürgern.
Somit kann jeder Deutsche, egal wo er wohnt, innerhalb der Europäischen Union oder in der Schweiz studieren und dabei gefördert werden. Dies gilt jedenfalls solange der Gesetzgeber keine Neureglung für § 16 Abs. 3 BAföG erlassen hat.

Offen ist, ob die unionsrechtliche Freizügigkeit und damit der grundsätzliche Anspruch auf Förderung eines Auslandsstudiums auch für die Länder Liechtenstein, Norwegen und Island gilt. Diese sind neben der Schweiz die übrigen Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR).
Während das Gesetz Ausbildungsförderung für die Aufnahme eines Studiums in der Schweiz ausdrücklich vorsieht, ist das für Liechtenstein, Norwegen und Island nicht der Fall. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher die Klage eines Studenten auf Ausbildungsförderung für ein Studium in Liechtenstein mit Urteil vom 10.1.2013 abgewiesen.
Das Oberverwaltungsgericht für Schleswig-Holstein hat sich dieser Auffassung angeschlossen und die Ausbildungsförderung für ein Studium in Norwegen abgelehnt. Es bleibt abzuwarten, wie diese Frage vom Bundesverfassungsgericht oder vom Europäischen Gerichtshof entschieden werden wird.