Mittwoch, 18. Juni 2014

Berücksichtigung von Schulden und Darlehen nach dem BAföG

Beim Bafögantrag werden die Schulden ebenso wie alle anderen Verbindlichkeiten gemäß § 28 Abs. 3 BAföG berücksichtigt und vom Vermögen abgezogen.
Verbindlichkeiten können aber nur berücksichtigt werden, wenn sie bei Antragstellung bestanden haben und nachgewiesen werden können. Es gilt das Stichtagsprinzip. Grundsätzlich müssen alle Verbindlichkeiten mit Nachweisen im Bafögantrag ausdrücklich angegeben werden, damit das Bafögamt in der Lage ist zu prüfen, ob die Forderungen gegenüber dem Auszubildenden tatsächlich in angegebener Höhe bestehen oder nicht.

Als berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten kommen daher grundsätzlich solche Darlehen in Frage, die von den Eltern gewährt worden sind und auch sonstige Schulden gegenüber anderen Verwandten oder aber Freunden. Wichtig ist dabei, dass Durchführung und Abwicklung des Darlehens dem sogenannten Fremdvergleich standhalten müssen.
Der Darlehensvertrag wird dabei einem "Realitätscheck" unterzogen und darauf überprüft, ob die Rückzahlungen pünktlich und wie vereinbart erfolgen. Die Prüfung muss also ergeben, dass es sich um "echte" Schulden handelt, die wie Zahlungsverpflichtungen gegenüber einem Dritten, insbesondere einer Bank, erfüllt werden.
Ebenfalls wird die Plausibilität geprüft, d.h. ob der Auszubildende das Darlehen benötigte und es tatsächlich in Anspruch genommen wurde. Dieses ist regelmäßig nicht der Fall, wenn bei Hingabe des Darlehens noch eigenes Vermögen in einem dem Darlehen entsprechenden oder darüber hinausgehenden Betrag vorhanden war. In diesem Fall bedarf es besonderer Umstände, die hinzutreten und glaubhaft gemacht werden müssen, damit das Bafögamt das Eltern- oder Verwandtendarlehen anerkennt.

Gerade bei der Überprüfung von Darlehensverträgen, die erst nachträglich, also nach Antragstellung und zumeist erst einige Jahre nach dem Bafögantrag infolge eines Datenabgleichs zu dem Zweck mitgeteilt werden, das Gesamtvermögen des Auszubildenden zu reduzieren, wird von Verwaltung und Rechtsprechung ein besonders strenger Maßstab an den Fremdvergleich angelegt.
Um Missbrauchsfälle auszuschließen soll für Darlehen, die sich Verwandte untereinander gewähren nichts anderes gelten als bei Darlehensverträgen zwischen Fremden.
Früher ist noch die Schriftform als erforderlich für das Zustandekommen eines wirksamen Darlehensvertrages angesehen worden. Hiervon ist die Rechtsprechung inzwischen abgekommen, da in fast allen Fällen, welche die Gerichte zu entscheiden hatten, die Darlehensverträge, insbesondere mit den Großeltern oder den Eltern des Auszubildenden mündlich geschlossen wurden.
Das Schriftformerfordernis barg schließlich die große Gefahr, dass nachträglich fingierte schriftliche Verträge den Bafögämten und den Gerichten vorgelegt werden und sich die daran Beteiligten strafbar machten.

Das Absehen von der Schriftform ist allerdings keine wesentliche Lockerung des Prüfungsmaßstabes, der nach wie vor von den Gerichten für die Anerkennung nachträglich mitgeteilter Darlehen angelegt wird. Die Rechtsprechung stellt sehr strenge Anforderungen an die Glaubhaftmachung der mündlichen oder gegebenenfalls auch schriftlichen Darlehensabrede. Hierfür ist immer der genaue Zeitpunkt des Zustandekommens der Abrede nachzuweisen ebenso wie die Durchführung der Darlehensrückzahlung, welche durch die tatsächlich geleisteten Zahlungen der vereinbarten Raten nachzuweisen ist, am besten unter Vorlage entsprechender Kontoauszüge.

Darlehensverbindlichkeiten werden nur dann vom Vermögen abgezogen, wenn die Darlehensraten während der Ausbildung zurückgezahlt werden müssen. Im Übrigen gehören zu den zu berücksichtigenden Schulden alle Forderungen, die bereits nach Bestand, Umfang und Fälligkeit konkretisiert sind und mit deren Geltendmachung der Auszubildende ernsthaft rechnen muss.

Der Unterhaltsanspruch des Auszubildenden gegenüber seinen Eltern kann allerdings nicht darlehensweise erfüllt werden. Deshalb werden solche Darlehen nicht als Schulden anerkannt, die von den Eltern zur Finanzierung der Ausbildung und der damit verbundenen Kosten gewährt wurden, also praktisch zur Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltspflicht.

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